Der Heimatforscher Herrmann Joseph Becker schrieb bereits 1931: "Diese Pietà ist jedenfalls eine der ältesten, die noch in öffentlicher Verehrung stehen und kann unbedenklich als das historisch wertvollste Stück des kirchlichen Besitzstandes von Blieskastel bezeichnet werden", der ehemalige Bischof Dr. Michael von Faulhaber bezeichnete das Muttergottesbild als „eine Pretiose der Diözese". Nach historisch-kritischer Forschung unserer Tage dürfte das Gnadenbild die älteste Pietà überhaupt sein, die bis heute existiert, da sich bei ihr sowohl starke Stilelemente der ausgehenden Romanik als auch der beginnenden Gotik aufzeigen lassen. Alle Vergleichsmodelle sind jünger und rein-gotisch.
Das Vesperbild eines mittelalterlichen Eremiten nahe Bebelsheim wurde nach der Legende von marodierenden Soldaten mit Pfeilen beschossen, worauf Blut aus den Einschussöffnungen floss. Als Gräfin Elisabeth von Blieskastel (†1273) ihre erkrankten Augen damit benetzte und geheilt wurde, ließ sie zum Dank in Gräfinthal ein Kloster gründen, das vom Orden der Wilhelmiten geführt wurde. Nach der Auflösung des Klosters gelangte die Statue letztendlich nach Blieskastel. Seit 1993 existiert im Übrigen wieder nach über 200 Jahren monastisches Leben in Gräfinthal durch Mönche der benediktinischen Ordensgemeinschaft, die sich auch dem Wiederaufbau der dortigen Klosteranlagen widmen.
In Blieskastel stiftete die dort regierende Gräfin, Marianne von der Leyen (1745-1804), der Statue eine kleine vergoldete Silberkrone mit der Umschrift: "Offert à la Ste. Vierge par la Cte de Leyen et de Hohengeroldseck, née Baronesse de Dalberg, l‘année 1787".
1794 überboten die „Jungfern" von Blieskastel die „Jungfern" von Bliesmengen, welche die Statue zurückgefordert hatten, bei der durch französische Revolutionstruppen angesetzten Versteigerung, worauf dann das Vesperbild bis heute in Blieskastel verblieb und 1913 auf dem Altar der Hl. Kreuzkapelle auf dem Han aufgestellt wurde.
Ab 1924 betreuten bayerische Kapuziner des bei der Kapelle erbauten Klosters die wiederbelebte Wallfahrt zur „wundertätigen Muttergottes." Am 10. Juli 2005 übernahmen diese Aufgabe Franziskaner-Minoriten der Provinz Krakau.
Blieskastel zählt zu den bedeutendsten Marienwallfahrtsorten des Bistums Speyer und zieht auch viele Pilger aus dem nahen Lohringen und der Pfalz an. Seit 2006 ist Blieskastel auch Etappe auf dem Jakobsweg Pfalz-Saar, der auf der Nordroute vom Kloster Hornbach über Blieskastel, St. Arnual, Spichern, Forbach nach Herapel in Lothringen führt.
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