Er war der Vater meines Mannes, 45 Jahre älter als dieser und zu Beginn des Jahres 1968 verstorben. Leider habe ich ihn nicht mehr persönlich kennengelernt, was ich hier über ihn schreibe, weiß ich von Erzählungen aus der Familie und von Freunden sowie aus erhalten gebliebenen Dokumenten.
Ernst Dadder war Musiker und Komponist und ein engagierter Kanute und Camper. Zehn Jahre verbrachte der 1897 in Mayen (Eifel) geborene zudem in Kriegen und Gefangenschaft. Er durchlebte die Kaiserzeit, den ersten Weltkrieg, die Weimarer Republik, die Saargebietszeit (1920-1935), den Nationalsozialismus und den 2. Weltkrieg, die Zeit des französischen Protektorats über das Saarland (1945-1957) und schließlich die Bundesrepublik Deutschland. Der Geschichte geschuldet führte er ein bewegtes Leben.
Er war der vierte Sohn einer Familie, deren Vorfahren aus dem Rheinland und aus Thüringen stammten. Der Vater, der starb, als Ernst 13 Jahre alt war, war Landgerichtsrat in Koblenz. Der Sohn studierte in Köln und Bonn Musik und war Assistent bei den Professoren Bölsche und Schiedermair. Bei Schiedermair promovierte er über den Bachschüler Goldberg. Sein Studium fiel in die Zeit der großen Inflation in der Weimarer Republik. Wenn er während der Semesterferien Klavierunterricht gab, mussten die Schüler das Entgelt vor Beginn der Unterrichtsstunden bar abliefern. Die Mutter nahm das Geld dann in Empfang und lief damit zum Händler. Am Ende der Musikstunden wäre es nur noch die Hälfte wert gewesen.
Ernst Dadder musizierte viel, u. a. mehrmals mit Paul Hindemith auf Schloss Monrepos in Neuwied vor den adligen Fräulein zu Wied. Einer seiner Klassenkameraden war Theo Mackeben, der später ein sehr erfolgreicher Komponist leichter Musik („Du hast Glück bei den Frau'n, Belami") wurde. Ernst Dadder komponierte u.a. ein Klavierkonzert und drei Streichquartette. Letztere wurden von namhaften Interpreten, so dem Assmann-, dem Hansen-, dem Fehse- und dem Versailler Quartett aufgeführt.
Er war außerordentlich belesen und konnte stundenlange Gespräche mit seiner Kollegin Dr. Maria Caspar über Literatur, Erd- und Sternenkunde sowie Religion führen. Von seinen Freunden wurde er als unterhaltsamer Gesprächspartner geschätzt.
Als 17-jähriger hatte er sich, wie viele seiner Generation, freiwillig zum Dienst im 1. Weltkrieg gemeldet. In beiden Weltkriegen kämpfte er an verschiedenen Fronten und schließlich auch beim sogenannten Endkampf in Berlin. Er, der durch seine länderübergreifenden Freundschaften zum Pazifisten geworden war, hat fast nie über seine Kriegserlebnisse gesprochen. Ein mitleidiger Arzt, der ihm eine - nicht vorhandene - Krebserkrankung bescheinigte, sorgte dafür, dass er noch im Jahr 1945 aus russischer Kriegsgefangenschaft nach Saarlouis zurückkehren konnte.
Als sich deutsche und französische Camper 1966 zu einem „Friedensrally" bei den Schlachtfeldern von Verdun trafen, stellten Ernst Dadder und einer seiner französischen Freunde fest, dass sie sich im 1. Weltkrieg als junge Soldaten genau gegenüber gelegen hatten. Es war Zufall, dass sie sich nicht gegenseitig ums Leben gebracht hatten.
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Alle Fotorechte: R. Dadder